Lasset die (Fest)Spiele beginnen!
Ein lauschiges kleines Büro. Zwei Schreibtischlampen beleuchten als
einzige Lichtquellen den abgedunkelten Raum, denn draußen geht die Welt unter
und der Regen schlägt unermüdlich gegen die Fenster. Zum Geräusch des Regens
mischt sich das flotte Klappern der Tastatur meiner Chefin, die ganz versunken
in ihre Arbeit ist.
Es ist wahrscheinlich meine letzte Verschnaufpause für den nächsten
Monat, denn die Festspiele gehen morgen los und eigentlich kann ich mich
jetzt schon kaum vor Arbeit retten. Deshalb nutze ich diesen letzten ruhigen
Moment, um noch ein paar Gedanken für die Nachwelt festzuhalten.
In diesem kleinen Artikel möchte ich kurz meine Erwartungen, Ängste und
Hoffnungen im Hinblick auf den nächsten Monat niederschreiben. Ihm wird ein
Bericht über den tatsächlichen Verlauf
des Festivals folgen, in dem ich dann bestätigen oder widerlegen kann, was ich
mir die letzten Monate so ausgemalt habe.
Wo fange ich da am besten an? Ich glaube, ich bin ziemlich nervös.
Ach, was rede ich da? Ich habe verdammt nochmal die Hosen voll. Die Luft im
Büro ist quasi elektrisch aufgeladen. Alle rennen durch die Gegend. Die letzten
Vorbereitungen laufen. Und selbst, wenn das Arbeitspensum der Kollegen noch
höher ist als das eigene, wird man vom allgemeinen Adrenalinanstieg erfasst.
Wovor habe ich Angst? Eigentlich nur vor einer Sache: den Kopf zu
verlieren. Seit Monaten bereite ich mich mental auf den Stress und die Hektik
vor. Trotzdem habe ich nicht das Gefühl, dass ich in dieser Zeit gelernt hätte,
meine Nerven in Ausnahmesituationen zu behalten. Der nächste Monat ist einer
der Hauptgründe, warum die Dresdner Musikfestspiele Bufdis überhaupt einstellen.
Ich soll helfen und unterstützen, wo ich kann. Aber was passiert, wenn ich am
Ende selber Unterstützung und Hilfe brauche und eher eine Last als
Erleichterung bin?
So viel ich auch in den vergangenen Monaten gelernt und an
Lebenserfahrung dazugewonnen habe – Unsicherheit und Selbstzweifel sind und bleiben
mein persönlicher Endboss.
Mit diesen Gedanken kämpfe ich schon eine ganze Weile und am besten
werde ich sie wieder los, wenn ich mich auf die positiven Sachen konzentriert:
Definitiv freue ich mich auf Hannah. Alles, was ich mit ihr mache gelingt
meistens und gleichzeitig haben wir super viel Spaß zusammen. Wir werden uns
nicht jedes Mal über den Weg laufen. Höchstwahrscheinlich wird es sogar Tage
geben, an denen wir uns gar nicht sehen, weil wir nicht jedes Mal an denselben
Spielstätten eingesetzt werden. Aber wenn, dann sind wir ein eingespieltes
Team.
Der Gedanke, Weltstars der Musik kennenzulernen, stimmt mich ebenfalls
fröhlich. Vielleicht werde ich sie nur von Weitem sehen. Aber vielleicht werde
ich die Chance bekommen, ein oder zwei Worte mit ihnen zu wechseln und das ein
oder andere Autogramm abzustauben.
Natürlich freue ich mich auch auf lauschige Ausklänge mit den Kollegen
an der Bar und coole After-Show-Partys, wo man für den Moment einfach mal die
nächste Aufgabe beiseiteschieben kann.
Ich hoffe einfach darauf, dass ich über mich hinauswachsen werde.
Trotz all des Trubels und der Hektik die Nerven zu behalten, ist eigentlich
mein größtes Ziel während der Festspielzeit. Ich kann noch nicht sagen, ob ich
das schaffen werde. Es werden sich aber genug Möglichkeiten bieten, in denen
meine Stressresistenz auf Herz und Nieren geprüft werden kann.
Doch am meisten gespannt, bin ich auf die tollen Konzerte, die diesen
Monat so unvergesslich machen werden. Eine Handvoll habe ich mir ausgesucht,
die ich auch als Gast besuchen möchte. Bis jetzt habe ich ein Orchester noch
niemals live erleben dürfen, jedoch stelle ich es mir gigantisch vor, wenn die
Musik, den gesamten Raum einnimmt. Bei diesem Gedanken bekomme ich jetzt schon
Gänsehaut. Musik ist und bleibt eben ein großer Bestandteil meines Lebens und ich
glaube, meine Leidenschaft für sie wird mich durch diesen Monat tragen und mir
helfen, ihn zu rocken.
Ein erster Sonnenstrahl bricht durch die Wolkendecke. Ihm folgen
weitere, bis der Himmel endlich vollständig aufklart. Ich schalte meine Lampe aus,
denn das Büro ist jetzt lichtdurchflutet. Durch das Fenster kann ich die Menschen auf der Straße sehen, die eben noch vor dem Sturm geflüchtet sind und die jetzt ihre Gesichter der Sonne entgegenstrecken. In Gedanken bin ich schon beim
Eröffnungskonzert und ein kribbelnder Schauer der Vorfreude erfasst mich.
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