Warum ich den Bundesfreiwilligendienst leiste oder: Wie aus meinem Plan B mein Plan A wurde
Die Frage, was ich später einmal
machen will und wo mich mein Weg hinführen soll, stellte sich ziemlich lange
eigentlich gar nicht. Anders als bei anderen Schülern, war meine Oberstufenzeit
kaum von ewiger Orientierungslosigkeit geprägt. Durch ein paar Praktika und
meine eigenen Hobbys war mir ziemlich schnell klar, dass ich etwas mit
Marketing oder zumindest mit Öffentlichkeitsarbeit zu tun haben möchte. Den
passenden Studiengang fand ich an der Technischen Universität in Dresden, eine
Wohnung hatte ich ebenfalls gefunden und mein Abischnitt hätte mich eigentlich
gut ins Studentenleben befördert. Leider habe ich die Angewohnheit, Dinge auch
mal sehr pessimistisch und schwarzmalerisch zu betrachten.
Was ist, wenn ich doch nicht zum Studium zugelassen werde? Dann stehe
ich für ein Jahr auf der Warteliste und muss sehen, wie ich zurechtkomme.
Natürlich wäre das auch nicht das
größte Problem gewesen. Aber ich bin ein Mensch, der Sicherheit sehr schätzt.
Also tat ich es meiner heutigen Mitbewohnerin gleich und bewarb mich als Plan B
für ein FSJ/BFD Kultur in Dresden (was ziemlich spontan von der Hand ging und
weshalb ich einige Anmeldefristen sogar verpasst habe). Sollte mich die Uni
nicht nehmen, hätte ich erst einmal eine bezahlte Tätigkeit, die mir
Beschäftigung und sogar Erfahrung bringen würde.
Nun kam also die Zeit, in der die
verschiedenen Einsatzstellen zu Bewerbungsgesprächen einluden. Und ich wurde zu
genau drei Gesprächen in Institutionen eingeladen, die eigentlich alle etwas
mit Musik zu tun haben.
In meinem ganzen Leben hatte ich
noch nie ein Bwerbungsgespräch. Also hatte ich auch wenig Ahnung davon, wie so etwas
ablaufen könnte. Was soll ich sagen; es lief eigentlich überall ähnlich ab. Man
muss erst mal ein bisschen warten bis man aufgerufen wird, dann setzt man sich
gleich mit einer ganzen Runde von fremden Menschen in einen separaten Raum und
lässt den Fragenhagel über sich ergehen. Um ehrlich zu sein, hat sich das
meiste davon eher wie ein Verhör auf dem Polizeirevier angefühlt. Auch wenn die
möglichen Aufgaben, die man mir in Aussicht gestellt hat, überall verlockend waren.
Ich bin mir vollkommen bewusst, dass man seinen Gegenüber ausfragen muss, um
ihn näher kennenzulernen. Selbstverständlich erwartet man von einem möglichen
zukünftigen Mitarbeiter, dass er sich zusätzlich auch vorher über das Unternehmen
informiert hat. Aber die Art und Weise, wie meine beiden ersten
Bewerbungsgespräche aufgebaut waren, empfand ich doch als sehr unpersönlich und
kalt. Deshalb stand für mich eigentlich fest, dass diese ganze Aktion auch mein
Plan B bleiben sollte. Wahrscheinlich werden mich in meinem Leben noch viele
solcher Bewerbungsgespräche erwarten, doch wenigstens bin ich um eine Erfahrung
reicher und gut darauf vorbereitet.
Aaaaaber, ich würde dir diese
zugegebenermaßen triste Vorgeschichte nicht erzählen, wenn es bei den Dresdner Musikfestspielen
nicht anders gelaufen wäre.
Ich kam von den vorhergehenden
Gesprächen beeinflusst in dieses Büro. Hurra, hurra ich wurde sogar sofort
empfangen und musste gar nicht erst lange warten. Noch schöner fand ich das
Büro an sich. Alles hell, offen, freundlich und in meinen Augen das Idealbild
eines Arbeitsumfeldes. Aber das Beste kam ja noch: Meine zukünftige Betreuerin
hat das Vorstellungsgespräch mit mir auf einer ziemlich gemütlichen Couch
geführt. Endlich mal kein durchgesessener harter Plastikstuhl, auf dem man sich
vorkommt wie in einer Matheklausur. In dieser entspannten Atmosphäre habe ich
mich zum ersten Mal richtig overdressed in meinem Buisnesslook gefühlt. Aber
schieben wir doch die Inneneinrichtung beisteite und besinnen uns wieder auf
das eigentliche Gespräch. Im Grunde lief es inhaltlich ähnlich ab wie alle
anderen Gespräche auch. Es war aber nicht so verkrampft. Allein die Tatsache,
dass ich nur einen Gegenüber hatte und nicht drei oder vier, die mich
niederstarren, war schon sehr erleichternd. Das bekannte Gefühl, ich könne
jeden Moment etwas Falsches sagen, war auch plötzlich verschwunden. Vielleicht
ist es eine unkonventionelle Herangehensweise an ein Bewerbungsverfahren, aber
für aufgeregte und manchmal etwas unsichere Menschen wie mich garantiert die beste.
Um diese ganze Rückblende
zusammenzufassen; mein Bauchgefühl hat mir einfach von Anfang an unmissverständlich
zu verstehen gegeben, dass ich hier ein ziemlich spannendes Jahr erleben
könnte. Wenn ich denn genommen werden sollte.
Die Zeit verging und die ersten
zwei Absagen trudelten bei mir zu Hause ein. Es wäre eine Lüge, würde ich behaupten,
dass mich das nicht irgendwo gekränkt hätte. Schließlich bin ich höchst
motiviert in alle Gespräche gegangen und habe immer mein Bestes gegeben. Im
Nachhinein, bin ich sogar glücklich darüber, dass es nirgendwo anders geklappt
hat. Wahrscheinlich wäre ich woanders nie wirklich mit dem Herzen an die Arbeit
gegangen.
Zu meinem Glück bekam ich von den
Dresdner Musikfestspielen eine Zusage. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie
sehr ich mich gefreut habe. Von da an stand fest, dass ich auf mein Bauchgefühl
hören würde. Innerhalb von zwei Sekunden habe ich meine komplette und gut
durchdachte Lebensplanung über Bord geworfen, mich an der Uni gar nicht erst
eingeschrieben und aus meinem anfänglichen Plan B wurde spontan mein Plan A.
Einfach, weil es sich richtig angefühlt hat (das tut es übrigens immer noch)
und weil ich es wirklich wollte.
Abgesehen von meinem Bauchgefühl
gab es aber auch noch ein paar andere Gründe für meine Entscheidung.
Da hätten wir zum einen die
Musik.
Sie ist schon immer ein sehr
großer Bestandteil meines Lebens gewesen. Sie begleitet mich seit
Kindheitstagen und in der ein oder anderen schwierigen Situation hat sie mir auch
schon oft wieder auf die Beine geholfen. Natürlich hätte ich mich auch auf ein
paar mehr Stellen bewerben können. Es gibt so viele Bundesfreiwilligendienste
in Museen oder Bibliotheken allein in Dresden und Umgebung. Tatsächlich wollte
ich der Musik aber noch mehr Raum in meinem Leben schaffen. Warum nicht
Berufliches mit Privatem verbinden?
Und zum anderen hatte mich das
Abi die letzten zwei Jahre nervlich ziemlich mitgenommen. Immer nur von der
einen Klausur zur nächsten zu leben und ständig ein schlechtes Gewissen haben,
weil man vielleicht zu wenig gelernt hat, kann auf Dauer sehr bealstend sein.
Klar, Uni ist schon etwas anderes als Schule, aber im Grunde ist es doch auch
Lernen. Und schon wieder Stoff in mein Hirn zu prügeln, erschien mir zwar immer
als eine notwendige und unumgängliche Tatsache, wenn man Student ist, aber
dennoch hatte ich erst mal keine Lust darauf.
Während dieses Jahres möchte ich
natürlich auch ganz viel lernen. Aber vorangig mehr über mich selbst. Es ist
mein Wunsch, meine eigenen Prinzipien zu hinterfragen, mehr Verantwortung für
meine Entscheidungen zu übernehmen und mit den Kosequenzen zu leben. Ich möchte
an meinen Aufgaben wachsen und mich auch mal mit anderen auseinandersetzen oder
mich für sie stark machen. Ich will auch mal Fehler machen dürfen und sie dann
wieder ausbügeln.
Das Jahr hat gerade erst begonnen
und es gibt, schon so viel, was ich erlebt habe. Meinen Entschluss bereue ich
nicht - ganz im Gegenteil. Ich fühle mich freier und lebendiger denn je, auch
wenn die Arbeit stressig sein kann und nicht immer alles nach Plan läuft. Aber
so spielt nunmal das Leben.
Mit einer persönlichen Frage an
meine/n Nachfolger/in möchte ich diesen ersten Artikel gerne beenden: Wie war
dein erster Eindruck von den Dresdner Musikfestspielen? Wie hast du dich
während des Bewerbungsgesprächs gefühlt und was hast du für dich persönlich mit
nach Hause genommen?
Es würde mich freuen, wenn du
auch in die folgenden Artikel hineinschnupperst, da in den nächsten Monaten
noch so viel passieren wird, was ich mit dir teilen möchte.
Bis bald - Annalena
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